18a_asylg
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Inhaltsverzeichnis
§ 18a AsylG: Verfahren bei Einreise auf dem Luftwege
1. Zur Frage der Freiheitsentziehung
1.1 BVerfG, Beschluss vom 23.10.2014, 2 BvR 2566/10
Es ist nicht abschließend geklärt, ob die Unterbringung im Transitbereich nach Ablehnung des Asylantrages eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG darstellt.
Rn: 16:
Dass § 15 Abs. 6 AufenthG erst nach dieser Entscheidung eingeführt worden ist, ist unerheblich. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts im hier angegriffenen Beschluss bleibt die vor Einführung von § 15 Abs. 6 AufenthG ergangene Rechtsprechung für die entscheidungserhebliche Rechtsfrage relevant. Denn die Gesetzesänderung hat jedenfalls für den Zeitraum vor Ablauf der 30-Tage-Frist keine Klärung herbeigeführt. Auch für den Zeitraum nach Ablauf der 30 Tage ist nicht abschließend geklärt, ob eine verfassungsrechtliche oder lediglich eine einfach-gesetzliche Verpflichtung für eine richterliche Anordnung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 275/10 -, InfAuslR 2011, S. 449). Nach wie vor stellt sich nach Ablehnung des Asylgesuchs daher die Frage, ob die Unterbringung im Transitbereich eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG darstellt, die gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG der richterlichen Anordnung bedarf. Allein vor dem Hintergrund dieser weiterhin streitigen Rechtsfrage (vgl. zum Streitstand Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Bd. II, § 15 Rn. 127 ff., 66. ErgL Dezember 2012) ist zu klären, wie § 15 Abs. 6 AufenthG den Vorgaben der Verfassung entsprechend und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, Urteil vom 25. Juni 1996 - Nr. 17/1995/523/609, Amuur ./. Frankreich, InfAuslR 1997, S. 49 ff.; Urteil vom 24. Januar 2008 - Nr. 29787/03 und 29810/03, Riad und Idiab ./. Belgien) auszulegen ist.
1.2 BVerfG, Urteil vom 14.05.1996, 2 BvR 1516/93
Leitsätze:
1. Art. 16a Abs. 4 GG nimmt bei eindeutig aussichtslosen Asylanträgen das im Asylgrundrecht wurzelnde Recht des Asylbewerbers, bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über sein Asylbegehren in der Bundesrepublik Deutschland zu bleiben, ein Stück weit zurück.
2. a) Das Verwaltungsgericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Einschätzung des Bundesamtes, daß der geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht bestehe, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen.
b) „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, daß die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
3. a) Die Begrenzung des Aufenthalts von Asylsuchenden während des Verfahrens nach § 18a AsylVfG auf die für ihre Unterbringung vorgesehenen Räumlichkeiten im Transitbereich eines Flughafens stellt keine Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 Abs. 1 und 2 GG dar.
b) Die gesetzlichen Vorschriften über das Flughafenverfahren schaffen für die behördliche Entscheidung über Asylanträge einen Rahmen, in dem ein Mindeststandard eines fairen rechtsstaatlichen und im Hinblick auf Art. 16a Abs. 1 GG effektiven Verwaltungsverfahrens gewahrt werden kann.
4. Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verlangt im Flughafenverfahren Vorkehrungen des Bundesamtes und der Grenzschutzbehörden, daß die Erlangung gerichtlichen Rechtsschutzes nicht durch die obwaltenden Umstände unzumutbar erschwert oder gar vereitelt wird.
a) Der nicht anwaltlich vertretene Antragsteller muß Gelegenheit erhalten, asylrechtskundige Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten einer etwaigen Beschreitung des Rechtsweges beurteilen zu können.
b) Für die Begründung des innerhalb von drei Tagen zu stellenden Eilantrages an das Verwaltungsgericht muß jedenfalls ein Zeitraum von weiteren vier Tagen ab Zustellung der behördlichen Entscheidungen zur Verfügung stehen.
5. a) Die nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG bestehende Verfassungsrechtslage ist nicht so zu verstehen, daß sie dem Beschwerdeführer unter allen Umständen die Möglichkeit gewährleistet, vor Vollzug des angegriffenen Hoheitsaktes eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sei es im Verfassungsbeschwerde-Verfahren, sei es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 32 BVerfGG, zu erhalten.
b) Die Verfassungsbeschwerde ist nicht ein zusätzlicher Rechtsbehelf zum fachgerichtlichen Verfahren, der sich diesem in gleicher Funktion ohne weiteres anschließt. Demgemäß können die Effektivitätsanforderungen, die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG für den vorläufigen Rechtsschutz im Rechtswege ergeben, nicht in gleichem Maße für den verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz nach § 32 BVerfGG gelten.
c) Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG wird in Fällen, in denen das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat, kaum in Betracht kommen.
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