====== Zweitantrag, § 71a AsylG ====== ===== - Unrichtige Rechtsmittelbelehrung ===== ==== - VG Köln, Urteil vom 28.09.2022, 15 K 2721/20.A ==== >Gemäß § 74 Abs. 1 AsylG muss die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden. Ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 der VwGO jedoch innerhalb einer Woche zu stellen (§ 34 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 36 Abs. 3 Satz 1 und 10), so ist auch die Klage innerhalb einer Woche zu erheben. Letzteres gilt für den streitgegenständlichen Bescheid entgegen der ihm beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung nicht. > >Bei dem streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um einen Zweitbescheid im Sinne des § 71 a Abs. 1 AsylG. Der Klage gegen diese Entscheidung kommt bereits im Hinblick auf § 75 Abs. 1 i.V.m. § 38 AsylG kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung entfällt auch nicht auf der Grundlage des § 71 a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 AsylG. § 36 Abs. 1 AsylG ist im vorliegenden Fall nicht entsprechend anzuwenden. Die einwöchige Ausreisefrist nach § 36 Abs. 1 AsylG gilt nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut nur in den Fällen der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AsylG sowie im Falle der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet. In sonstigen Fällen – wie der hier vorliegenden Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG - beträgt die zu setzende Ausreisefrist gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG 30 Tage, > >vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 3. September 2020 – RN 14 S 20.31446 –, >juris, Rn. 17 ff. > >Der Wortlaut sowohl der Überschrift als auch des Normtextes des § 36 AsylG differenziert zwischen den einzelnen Fällen eines unzulässigen Asylantrages und sieht nur für 2 der 5 in § 29 Abs. 1 AsylG einzeln aufgelisteten Unzulässigkeitsgründe eine kürzere Ausreisefrist als in den sonstigen Fällen vor. Nicht erfasst sind vom Wortlaut die in § 29 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 5 AsylG erfassten Fälle. Damit ist weder eine Ablehnung eines Folgeantrages ( § 71 AsylG) noch eines Zweitantrages (§ 71 a AsylG) aufgeführt. Denn diese werden in § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG erfasst. Der Wortlaut und die Systematik sprechen deshalb für eine Differenzierung zwischen den in § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG genannten Unzulässigkeitsgründen und dem Unzulässigkeitsgrund des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG, > >so auch VG Halle, Beschluss vom 12. Februar 2019 – 5 B 13/19 –, juris, Rn. 14. > >Während in ersteren Fällen eine Ausreisefrist von einer Woche zu setzen ist, beträgt die Ausreisefrist in den sonstigen Fällen gem. § 38 Abs. 1 AsylG 30 Tage. > >Vor der Änderung des § 29 Abs. 1 AsylG durch das Integrationsgesetz hatte §36 AsylG a.F. die Überschrift „ Verfahren bei Unbeachtlichkeit und offensichtlicher Unbegründetheit“. § 29 AsylG a.F. regelte nur, wann ein Asylantrag unbeachtlich war, verhielt sich aber nicht zu Zweitanträgen. Dieser andere Wortlaut und die andere Systematik führten dazu, dass über die in § 71 a Abs. 4 AsylG (dessen Wortlaut sich nicht geändert hat) angeordnete entsprechende Anwendung von § 36 Abs. 1 AsylG in diesem Fall auch die Ausreisefrist aus dieser Regelung zu entnehmen war, > >VG Halle, Beschluss vom 12. Februar 2019 – 5 B 13/19 –, juris. > >Es mag sein, dass eine Änderung dieser Rechtslage nach der Begründung des Integrationsgesetzes nicht beabsichtigt war (vgl. BT-Drs. 18/8829, S. 9 unter Verweis auf den Text des Gesetzesentwurfes und der Begründung der BT-Drucksache 18/8615, hier S. 52). Diese ist durch den eindeutigen gesetzlichen Wortlaut allerdings eingetreten. Sollte dies nicht beabsichtigt sein, könnte der Gesetzgeber jederzeit eine entsprechende Klarstellung veranlassen. > >Der Umstand, dass das Bundesamt tatsächlich entgegen dieser Rechtslage gemäß §§ 71 a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt hat führt nicht dazu, dass der Klage gegen die Abschiebungsandrohung innerhalb einer Woche zu erheben wäre. Maßgeblich ist im Hinblick auf § 75 Abs. 1 i.Vm. § 38 Abs. 1 AsylG die zu setzende Ausreisefrist, nicht die vom Bundesamt tatsächlich gesetzte Ausreisefrist, > >vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 3. September 2020 – RN 14 S 20.31446 –, juris, Rn. 17 ff.; VG München, Beschluss vom 29. Dezember 2016 – M 21 S 16.35313 – juris; VG Berlin, Beschluss vom 18. Mai 2018 – 33 L 210.18 A –,juris, Rn. 14. > >Ist die Rechtsbehelfsbelehrung mithin vorliegend fehlerhaft, gilt gemäß § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist. {{::vg_k_zweitantrag_klagefrist.pdf|Urteil}} ~~socialite~~