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Art. 29 Dublin-III-VO: Modalitäten und Fristen

1. Art. 29 Abs. 2 Verlängerung der Überstellungsfrist

1.1 Kein Flüchtigsein ohne Bescheid

VG Münster, Beschluss vom 28.10.2024, 10 L 927/24.A

Unabhängig von der Frage des tatsächlichen Flüchtig-Seins des Antragstellers am Tag der Verlängerungsentscheidung des 27. Februar 2024 ist maßgeblich, dass die Verlängerungsentscheidung zeitlich vor der Zustellung der streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung am 5. März 2024 ergangen ist. Eine Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO ist jedoch erst möglich, sobald das Bundesamt gegenüber der betroffenen Person eine wirksame Abschiebungsanordnung erlassen hat.

Vgl. zum Ganzen VG Münster, Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2022 – 8 K 812/22.A –, n. v., und Urteil vom 13. Mai 2024 – 10 K 2579/23.A –, n. v.

Beschluss

1.2 Flüchtigsein muss zum Zeitpunkt der Meldung an anderen Mitgliedstaat noch andauern

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18.03.2024, 2a K 3003/23.A

Ein Flüchtigsein kann nach der Rechtsprechung angenommen werden, wenn die Überstellung nicht durchgeführt werden kann, weil der Antragsteller die ihm zugewiesene Wohnung verlassen hat, ohne die zuständigen nationalen Behörden über seine Abwesenheit zu informieren, sofern er über die ihm insoweit obliegenden Pflichten unterrichtet wurde, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat. Aufgrund der erheblichen Schwierigkeiten, den Beweis für die innere Tatsache der Entziehungsabsicht zu führen und um das effektive Funktionieren des Dublin-Systems zu gewährleisten, darf aus dem Umstand des Verlassens der zugewiesenen Wohnung, ohne die Behörden über die Abwesenheit zu informieren, zugleich auf die Absicht geschlossen werden, sich der Überstellung zu entziehen, sofern der Betroffene ordnungsgemäß über die ihm insoweit obliegenden Pflichten unterrichtet wurde. Wie aus der Verwendung der Zeitform des Präsens in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO („flüchtig ist“) folgt, muss der Antragsteller im Zeitpunkt der Verlängerung der Dublin-Überstellungsfrist noch (aktuell) flüchtig sein, die Flucht also noch fortbestehen. Für eine Verlängerung der Überstellungsfrist bedarf es keiner Abstimmung zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedstaat, sondern genügt, dass der ersuchende Mitgliedstaat den zuständigen Mitgliedstaat vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist darüber informiert, dass die betreffende Person flüchtig ist, und zugleich die neue Überstellungsfrist benennt.

Vgl. m. w. N. BVerwG, Urteil vom 17. August 2021 - 1 C 26.20 -, juris Rn. 22 ff.

Dass für eine Überstellung grundsätzlich ein zusammenhängender Zeitraum von sechs Monaten zur Verfügung stehen soll, um die Überstellung zu bewerkstelligen, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil es die Behörde selbst in der Hand hat, bei zwischenzeitlichen Überstellungshindernissen infolge einer Flucht im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO zeitnah durch eine Verlängerung der Überstellungsfrist zu reagieren; etwaige Kommunikationsmängel im Verhältnis zu den mit dem Vollzug der Überstellung betrauten Behörden müsste sich die Behörde zurechnen lassen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2021 - 1 C 42.20 -, juris Rn. 27.

Urteil

art._29_dublin-iii-vo.1760192915.txt.gz · Zuletzt geändert: von marcel