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Das Dublin-Verfahren

1. Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

1.1 Kroatien

1.1.1 VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 29.03.2023, 12 K 846/23.A

Nach den dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnissen und den im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung allgemein zugänglichen Informationen ist mithin davon auszugehen, dass die Schaffung von menschenwürdigen Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte in Kroatien auch von der Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative des anerkannt Schutzberechtigten abhängig ist. Entscheidend ist, ob es ihm nach einer Anlaufzeit – ggf. mit Unterstützung durch den kroatischen Staat und NGOs – gelingen wird, trotz mangelnder Sprachkenntnisse und des ihm fremden Lebensumfeldes Arbeit zu finden und aus den daraus erzielten Einkünften seinen Lebensunterhalt auf zumindest niedrigem Niveau und damit auch seine elementarsten Grundbedürfnisse zu sichern.

Vgl. nur VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 1. Februar 2023 – 12 L 153/23.A, und vom 28. Februar 2023 – 12 L 431/23.A –.

Letzteres ist für die hier konkret betroffene Klägerin nicht anzunehmen. Es ist aus individuellen, in ihrer Person liegenden besonderen Gründen nicht ersichtlich, wie sie als international Schutzberechtigte in Kroatien die Befriedigung ihrer elementaren Bedürfnisse in Bezug auf Unterkunft, Ernährung und sanitäre Einrichtungen dauerhaft gewährleisten könnte. Es drohen vielmehr Obdachlosigkeit und Verelendung. Die Klägerin wird aller Voraussicht nach nicht in der Lage sein, sich den dargestellten Bedingungen für international Schutzberechtigte in Kroatien zu stellen. Es wird ihr nicht gelingen, mit der ggf. in Kroatien gewährten Unterstützung eigenverantwortlich ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Die dortigen Sozialleistungen sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen nicht ausreichend, um den Lebensunterhalt der Klägerin vollständig zu decken.

Die Klägerin zählt zu den in Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie; ABl. L 337 vom 20. Dezember 2011, S. 9) genannten besonders schutzbedürftigen Personengruppen. Denn die 66 Jahre alte Klägerin gehört der Gruppe der älteren Menschen an; zudem ist sie gesundheitlich stark angeschlagen. Sie ist aufgrund ihrer Erkrankungen nicht in der Lage, den Alltag alleine zu führen. Sie ist deutlich in Ihrer Mobilität eingeschränkt und auf fremde Hilfe bezüglich Hausarbeiten, Waschen und Essenszubereitung angewiesen.

Gerichtsbescheid

2. Art. 16 Abhängige Personen

2.1 VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 29.03.2023, 12 K 846/23.A

Denn die Beklagte ist gemäß Art. 16 Abs. 1 verpflichtet, die Klägerin und ihre Tochter zusammenzuführen. Nach Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung gilt: Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Tochter der Klägerin, hält sich rechtmäßig mit einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG in Deutschland auf. Aus dem vorgelegten Attest des Arztes […] ergibt sich, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen auf die Unterstützung ihrer Tochter angewiesen ist. Hiernach ist die Klägerin […] deutlich in Ihrer Mobilität eingeschränkt und somit auf fremde Hilfe bezüglich Hausarbeiten, Waschen und Essenszubereitung angewiesen. Sie ist aufgrund ihrer Erkrankungen nicht in der Lage, den Alltag alleine zu führen. Ihre in der Bundesrepublik Deutschland lebende Tochter übernimmt neben Alltagsaufgaben wie Haushalt und Einkäufe auch die häusliche Pflege ihrer Mutter. Die Klägerin ist zudem nach eigenen Angaben auf den Rollstuhl angewiesen. Die familiäre Bindung zwischen der Klägerin und ihrer Tochter hat bereits im Herkunftsland bestanden und die Tochter der Klägerin ist in der Lage, ihre Mutter zu unterstützen. Die Klägerin und ihre Tochter haben einen entsprechenden Wunsch auch schriftlich kundgetan – die Klägerin im Verwaltungsverfahren und im vorliegenden gerichtlichen Verfahren, die Tochter der Klägerin mit zur Gerichtsakte gereichten Erklärung vom 3. Februar 2023. Gründe, die entgegen der Regel des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung die Trennung von Mutter und Tochter rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Gerichtsbescheid

dublin-verfahren.1683489103.txt.gz · Zuletzt geändert: 2024/07/13 12:10 (Externe Bearbeitung)