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Inhaltsverzeichnis
§ 34 AsylG: Abschiebungsandrohung
1. Abs. 1: Voraussetzungen der Abschiebungsandrohung
1.1 Nr. 4: Kindeswohl, familiäre Bindungen und Gesundheitszustand
1.1.1 VG Minden, Beschluss vom 19.11.2025, 12 L 1178/25.A
Entgegenstehendes Kindeswohlinteresse auch bei Aufenthaltsgestattung
Der Abschiebungsandrohung steht die Berücksichtigung des Kindeswohl entgegen. Art. 5 a) der Richtlinie 2008/115/EG ist dahin auszulegen, dass das Kindeswohl sowohl bei Rückkehrentscheidung gegenüber dem Elternteil des Kindes als auch gegenüber dem Kind selbst berücksichtigt werden muss.
Vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2021 - C-112/20 -, juris, insb. Rn. 33.
Ausweislich der überreichten Unterlagen des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ist deutlich, dass für das Kind […] am 16. Oktober 2025 ein Asylerstantrag beim Bundesamt gestellt worden ist. Dieses Verfahren wird unter dem Aktenzeichen […] geführt. Da sich ein Sohn der Antragsteller zu 1) und 2) noch im laufenden Asylverfahren befindet, verfügt er über eine Aufenthaltsgestattung für die Bundesrepublik Deutschland (§ 55 Abs. 1 Satz 1, § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 AsylG). Er verfügt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über ein, zwar auf die Dauer des Statusfeststellungsverfahrens beschränktes und vorläufiges, aber dennoch vor jedweder Überstellung in einen möglichen Verfolgerstaat schützendes Aufenthaltsrecht. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG normiert nicht die Art des Bleiberechts des zu berücksichtigenden Familienmitglieds, insbesondere ist nicht geregelt, ob es sich um ein dauerhaftes oder gefestigtes Bleiberecht handeln muss.
Vgl. VG München, Urteil vom 3. April 2023 - M 27 K 22.30441 -, juris Rn. 30; VG Minden, Beschluss vom 4. Mai 2023 - 2 L 847/22.A -, juris Rn. 180; VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11. Juli 2023 - 11 A 229/21 -, juris; VG Bremen, Beschluss vom 21. Juli 2023 - 1 V 1559/23 -, juris Rn. 22; VG Würzburg, Beschluss vom 25. Juli 2023 - W 8 S 23.30389 -, juris Rn. 32; VG Hannover, Beschluss vom 9. Oktober 2023 - 1 B 1628/23 -, juris Rn. 28; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 3. April 2024 - 14a L 239/24.A -, juris Rn. 72, VG Gießen, Beschluss vom 18. April 2024 - 1 L 1041/24.GI.A -, juris; VG Leipzig, Beschluss vom 17. April 2024 - 7 L 150/24.A -, juris; a.A. wohl VG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Dezember 2023 - A 4 K 5016/23 -, juris Rn. 8.
1.1.2 VG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2025, 17 L 3613/25.A
3. Leitsatz: 3. Dem Erlass einer Abschiebungsandrohung steht das Innehaben einer zur Durchführung des Asylverfahrens vorgesehenen Aufenthaltsgestattung eines Familienangehörigen nach § 55 AsylG nicht aufgrund von § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG entgegen.
1.1.3 VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 09.12.2025, 18a L 2385/25.A
Stationäre Behandlung als Abschiebungshindernis
Die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung begegnet im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung angesichts des Vorbringens des Antragstellers, akut an Tuberkulose erkrankt zu sein und sich deswegen bis auf Weiteres in stationärer Behandlung zu befinden, im Hinblick auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Asylgesetzes (AsylG) erheblichen Bedenken. Hiernach erlässt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) eine Abschiebungsandrohung, wenn der Abschiebung namentlich der Gesundheitszustand des Ausländers nicht entgegensteht.
Der Antragsteller hat ein aktuell aus gesundheitlichen Gründen anzunehmendes Abschiebungshindernis hinreichend glaubhaft gemacht.
Laut dem vorgelegten Behandlungsbericht des Zentrums für Notfallmedizin der Universitätsmedizin Essen vom 29. November 2025 wurde der Antragsteller an demselben Tag wegen des hochgradigen Verdachts einer offenen – hoch infektiösen – Tuberkulose notfallmäßig behandelt. Nach den Ausführungen der Bescheinigung der Universitätsmedizin Essen – Ruhrlandklinik – vom 2. Dezember 2025 werde der Antragsteller seit dem 29. November 2025 bis auf Weiteres wegen der Diagnose Lungentuberkulose stationär behandelt. Eine Aussage über die Dauer der stationären Behandlung lasse sich, so die Klinik, noch nicht treffen, da dies vom Ansprechen der Therapie abhängig sei. Dass die stationäre Behandlung des Antragstellers entgegen den schlüssigen wie nachvollziehbaren fachärztlichen Ausführungen in der letztgenannten Bescheinigung derzeit nicht (mehr) erforderlich wäre, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
251209_vg_ge_80vii_pos_tuberkulose.pdf
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