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Iran

1. Exilpoltische Betätigung

1.1 VG Köln, Urteil vom 18.04.2023, 12 K 3652/20.A

Seite 9 f.:

Nach diesen Maßgaben ist die Klägerin zu 1. im vorliegenden Einzelfall subsidiär schutzberechtigt. Das erkennende Gericht ist auf der Grundlage des glaubhaften Vor- trags der Klägerin zu 1. nach persönlicher Anhörung in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass ihr im Iran jedenfalls eine unmenschliche oder erniedri- gende Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG drohen würde

Grundsätzlich ist nach iranischem Recht jeder Geschlechtsverkehr zwischen Personen strafbar, die nicht miteinander verheiratet sind und wird mit 100 Peitschenhieben be- straft (Artikel 221 iranisches StGB). Für Personen, die einen Ehebruch begehen, ist die Steinigungsstrafe zu verhängen, wenn sie in dauernder Ehe verheiratet sind.

Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 56 Iran, Rechtliche Situation der Frauen, Stand Januar 2023, S. 14 m.w.N.; Home Office UK, Guidance - Country policy and information note: ‘Zina’ (sex outside of marriage and adultery), unter Punkt 4, Iran, Stand Juli 2022, aktualisiert am 30.11.2022, https://www.gov.uk/government/, zuletzt abgerufen am 17.04.2023;

Es besteht die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass im Falle der Klägerin zu 1. die geannten Strafvorschiften angewandt würden.

Den Tatbestand der unerlaubten Beziehung, hat die Klägerin durch ihr „Verhalten“ in der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht. Auf eine ggf. ebenfalls von ihr eingegangene außereheliche Beziehung vor ihrer Ausreise, auf die das Bundesamt noch in dem streitgegenständlichen Bescheid abgestellt hatte, kommt es insofern im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) an. Die Klägerin zu 1. ist zwar nach ihren glaub- haften Einlassungen in der mündlichen Verhandlung seit 2021 geschieden von dem nach wie vor im Iran aufhältigen Vater des Klägers zu 2. (vgl. S. 2 des Sitzungsprotokolls und Bl. 64 GA, aber noch die bei dem Bundesamt vorgelegten Dokumente über das Bestehen der Ehe auf Bl. 125 BA002 ff.). Ausweislich der vorgelegten deutschen Geburtsurkunde und Vaterschaftsanerkennung hat die heute ledige Klägerin zu 1. am 21.03.2023 das Kind des Herrn in der Bundesrepublik geboren (Bl. 61 ff. GA). Mit letzterem, einem ebenfalls iranischen Staatsangehörigen, ist sie nach ihren glaubhaften Einlassungen in der mündlichen Verhandlung und ausweislich der Vaterschaftsanerkennungsurkunde nicht verheiratet.

Das Gericht hält es angesichts der Tatsache, dass durch das am 21.03.2023 geborene Kind der Klägerin ein unwiderlegbarer Beweis der Tatbestandsverwirklichung gegeben ist, für beachtlich wahrscheinlich, dass ein iranisches Gericht im Falle eines Verfahrens zu einer Verurteilung käme und auch die Gründe hierfür in nach iranischem Recht hin- reichender Weise darlegen könnte.

Das Gericht geht zudem davon aus, dass es nach der Rückkehr der Klägerin zu 1. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfahrenseinleitung gegen die Klägerin zu 1. kommen wird. Zwar haben die iranischen Strafverfolgungsbehörden nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln häufig kein ausgeprägtes Interesse daran, außer- eheliche Beziehungen zu verfolgen. Wird allerdings ein Verfahren durch die Anklage eines Dritten eingeleitet, wird regelmäßig ein Verfahren eröffnet.

Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 56 Iran, Rechtliche Situation der Frauen, Stand Januar 2023, S. 16.

Urteil

2. Nicht eheliche Beziehung

iran.1683995710.txt.gz · Zuletzt geändert: 2024/07/13 12:10 (Externe Bearbeitung)